MARTINA STECKHOLZER
Dry Run
Die Galleria Doris Ghetta freut sich, DRY RUN, die erste Einzelausstellung der italienisch-österreichischen Künstlerin Martina Steckholzer (Italien, 1974) in Pontives 8, St. Ulrich (Italien) anzukündigen. Die Ausstellung umfasst Arbeiten aus ihrer neuesten Recherche und zeigt neun neue Serien von Gemälden auf Leinwand und Papier, die in den letzten Monaten entstanden sind.
Im Laufe ihrer Karriere beschäftigt sich Steckholzer wiederholt mit Räumen der kulturellen (Re-)Präsentation, und der Malerei als Werkzeug der Erkenntnis . Dabei arbeitet sie bewusst mit dem stetigen Wandel der zeitgenössischen Kunst. Begegnungen mit Kunstwerken von Künstlerkolleg*innen und die Besuche von Kunsträumen wie Museen, Galerien und Institutionen sind ihre Arbeitsgrundlage. Durch die Malerei reinszeniert Steckholzer ihre Wahrnehmungen episodisch, befragt sie und stellt neue narrative Zusammenhänge her.
In DRY RUN thematisiert Steckholzer erstmals die Darstellung von Tieren in der bildenden Kunst. Es ist anfänglich die Pandemie, die die Beziehungen zwischen Mensch und Tier in neues Licht rückt. Ungewöhnlich viele Haus- und Wildtiere begegnen der Künstlerin sowohl auf frühmorgendlichen Wegen in der Natur als auch bei der Recherchearbeit in der Kunstwelt und den zeitgenössischen Diskursen. Warum und wie stellen wir Tiere dar? Steckholzer stellt diese Frage in ihrem Feld, der Malerei.
Im vergangenen Jahr ist das Kunsthistorische Museum – KHM – für die in Wien lebende Künstlerin zu einem besonderer Ort geworden. An den gezählten Öffnungstagen sind die Räume des KHM verwaist und die Begegnungen mit der Kunst intimer als sonst.
In den kunsthistorischen Werken tummeln sich Tiere und andere Wesen: sie beobachten, beschützen, bedrohen, begleiten oder blicken geradewegs aus dem Bildraum hinaus auf die Betrachter. Es entstehen mehrere Werkgruppen auf Leinwand und Papier. In SCENES FROM THE KHM und MENAGERIE etwa, gibt Steckholzer Jagdszenen und mythische Allegorien wieder. Tiere sind hier fraglicher Teil eines humanistischen Repräsentationssystems.
Die Künstlerin bemerkt die „Zuschauerhunde“ auf mittelalterlichen Altarbildern von Geertgen tot Sint Jans und Bernaert van Orley (Serie: ALTAR PIECES und HIERONIMUS’ LION) und einen Balanceakt von Tiere an den Wänden der Badestube des Renaissanceschlosses Runkelstein bei Bozen (Serie: BADESTUBE/TIGHTROPE WALK). In der Folge stösst ihre offene Recherche auf Tierfiguren als Grabbeigaben in einer ägyptisch- orientalischen Sammlung (Serie: USCHBETI) und auf Cayenne Pepper, Donna Haraways Hund, der im Film „Story Telling for Earthly Survival“ ein Geschicklichkeitstraining absolviert (Serie: AGILITY TRIAL). Die Werkgruppe auf Papier LIBRI ANTICHI STAMPE / BOOKENDS wiederum, ist von Tierstatuetten inspiriert, die in einem italienischen Antiquariat als Buchstützen dienen. Steckholzer malt die Figurinen als stille Wächter, die das Wissen der Bücher sowohl „halten“ als auch in Frage stellen.
Regime der Repräsentation untersucht Steckholzer auch in einer Serie von geometrischen und konzeptuellen Arbeiten, in denen schwarze Punkte über die Leinwand tanzen. Einmal mehr ist ihre Arbeit insofern in eigenen Erfahrungen begründet, als die Bilder skulpturale und räumliche Interventionen von Künstlerkollegen zeigen (insbesondere Felix Gonzales Torres für die Serie SZENARIOS und Yayoi Kusama für SPECULATIVE DRAFTS), die sie bei ihren Besuchen beeindruckt haben.
Sie verstärken die offene Frage, wer im Mittelpunkt der Betrachtung steht. In welchen Räumen und unter welchen Umständen entstehen die visuellen Darstellungen, die unsere Gegenwart prägen? Wer ist derjenige, der beobachtet wird, der Betrachter, das Kunstwerk oder der Raum?
DRY RUN steht im Lexikon für den Probelauf einer Performance oder eines Prozesses vor dem eigentlichen Ereignis. In diesem Sinn hinterfragen hier Tier und Malerei gewohnte Regimes, indem sie Perspektiven umlenken. Vulnerabilität und Prozesshaftigkeit sind dabei maßgeblich.
Martina Steckholzer (1974, Italien) lebt und arbeitet in Wien. Steckholzers Arbeit konzentriert sich auf die visuelle Kunst eines bestimmten geografischen und zeitlichen Kontexts, der die Künstlerin dazu bringt, nach Brüchen, Schichtungen und Störungen zu suchen, die in verschiedenen Regimen der Darstellung auftreten. Ihre Arbeit zielt darauf ab, sich neuen, destabilisierenden und affirmativen Erzählungen zu öffnen, indem sie den Ausstellungsraum in eine Bühne verwandelt, auf der Charaktere, Räume und Betrachter ein stilles Spektakel aufführen. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in der Museum Moderner Kunst Kärnten (2020), Stadgalerie Brixen (2020), im Museion - Museum für moderne und zeitgenössische Kunst (2020), in der Galerie Gefängnis LeCarceri (2019), in der Taxipalais Kunsthalle Tirol (2019), in der Galleria Doris Ghetta (2017, 2018, 2019), im Kunstforum Montafon (2018) und in der Galerie Meyer Kainer (2017) ausgestellt.